Rückblick nach einem knappen Jahr

nachdem die Kasse endlich den Blindenführhund bewilligt hatte, haben wir uns an die fünf im Bewilligungsbescheid genannten Führhundeschulen gewandt (zwei davon arbeiteten nicht mehr als solche) – und haben diese drei besucht. Durch private Kontakte rannte ein guter Ruf der Blindenführhundeschule Seitle voraus, den ich aber in Gänze bestätigt sah, was auch zu der Entscheidung führte, meinen Blindenführhund von Seitles zu „beziehen“.

Im telefonischen Erstkontakt, der sehr ausführlich und freundlich kompetent war, vereinbarten wir einen Kennenlerntermin bei Seitles direkt. Hier nahmen sich beide sehr viel Zeit, um von der Schule, der Ausbildung, den Hunden, der Zucht…. zu erzählen, aber auch um Raum zu lassen all meine/unsere Fragen zu beantworten. Ich/wir fühlten uns sehr gut beraten und gehört mit allen Fragen. Ich bat mir noch etwas Bedenkzeit aus, und bestätigte dann telefonisch meinen Wunsch, meinen Hund von Seitles bekommen zu wollen. Auch auf den Wunsch der Rasse wurde wohlwollend eingegangen. Ich hatte den Wunsch nach einem Königspudel.  Seitles erzählten, dass ein großer Wurf Labradoodles gerade bei den Patenfamilien sei und evtl. hieraus einer für mich sein könnte. Daraufhin informierte ich mich über die Labradoodles und verliebte mich in sie. Auch kam Herr Seitle zu mir nach Hause, um Wohnumfeld, Wohnsituation, Lauftempo, persönliche Charakteristika meinerseits besser einschätzen zu können, um so die Entscheidung welcher Hund zu mir kommen sollte besser treffen zu können, wenn der Zeitpunkt dann gekommen sein sollte.

Die Entscheidung Lex, „mein“ schwarzer Labradoodle und mich zu einem Gespann zu formieren hätte besser nicht ausfallen können. Ich empfinde uns als ein perfektes Duo, von Anfang an – und das hat sich bis heute nicht verändert. Hier bin ich davon überzeugt, dass sowohl die Menschenkenntnis und der Hundesachverstand von Seitles zu dieser wunderbaren Entscheidung geführt hatten.

Als dann klar war, welcher Hund für mich und wann die Einschulung beginnen kann, bat ich um ein Foto vorab vor Lex, denn ich war natürlich superneugierig und über den großen Bildschirm und meinem geringen Restsehwert konnte ich mir aber doch ein Bild machen. Und dann wuchs die Spannung, bis endlich der Termin da war, an dem wir uns kennen lernen durften. Es war super aufregend. Frau Seitle kam mit Lex in die Pension, in der ich wohnte und ich hatte ein so gutes Gefühl. So lange hatte ich auf den Führhund gewartet – und so eine tolle Ausstrahlung hatte Lex, vom ersten Moment an – und auch ich hatte das Gefühl umgekehrt, er war mir von Anfang an sehr zugewandt.

Die Einschulung verlief fabelhaft. Ich war immer mit Frau Seitle unterwegs, die mir alles zeigte, was ich wissen musste und darüber hinaus, alles was ich wissen wollte, oder auch Herausforderungen, die ich erleben wollte, um bei aufkommenden Unsicherheiten, direkt korrigieren oder intensiver trainieren zu können (beispielsweise alleine mit Lex  Zug- und Busfahrten. Es entwickelte sich rasch eine gute Bindung zu Lex und es verging wenig Zeit, bis ich für ihn die wichtigste Bezugsperson war. Die Gespannsprüfung verlief sehr positiv, auch wenn ich sehr aufgeregt war, im Vorfeld. Als wir dann liefen, war eigentlich alles gut. Mir war es fremd, die Prüfer zuvor nicht zu begrüßen oder kurz kennen gelernt zu haben, bevor es losging, auch wenn ich die Argumentation, dass der Hund nicht abgelenkt sein sollte einsichtig fand. Aber das hat sich dann bei dem Auswertungs- und Abschlussgespräch aufgelöst.

Ich arbeite als musikpädagogische Fachkraft in verschiedenen Kindertagesstätten (Lex ist mit vier Kindern in einer Patenfamilie groß geworden) – auch dort ist er sehr willkommen und wird als pädagogischer Mitarbeiter inzwischen angesehen. In Kinderkonferenzen erkläre ich, was ein Blindenführhund ist, welche Aufgaben er hat – und welche Regeln es gibt, wie man sich ihm gegenüber zu verhalten hat, damit er so cool bleibt, wie er eben ist.

Nun ist er bald ein Jahr bei mir und wir sind ein echt gutes Team geworden, ich habe ihn gut kennengelernt in fast allen Lebenssituationen, die man so erleben kann (geflogen sind wir noch nicht) – aber sonst haben wir alles bereits zusammen erlebt und wir wissen, wie wir ticken. Er hat die Differenzierung zwischen Führarbeit und Freizeit gut raus, – manchmal, aber selten, muss ich ihn daran erinnern, dass er am Arbeiten ist. Dann ziehe ich kurz an der Leine und sage: Hey Lexi, du arbeitest…“ und dann geht’s gut weiter.

Zu Weihnachten, als die Stadt so voll war, fand ich, dass er sich manchmal durch alles Mögliche leicht ablenken ließ. In der eigenen Reflexion musste ich aber auch feststellen, dass ich selbst zunehmend super genervt bin, wenn so viele Menschen auf einen Haufen sind und dann auch noch so gestresst und egoistisch. Manchmal denke ich, dass Lexi meine Gefühle so extrem wahrnimmt, dass da eine ganz intensive Übertragung stattfindet, so als ob er wüsste, es wäre jetzt für mich besser in die Straßenbahn zu steigen und wieder heim zu fahren, was am Stadtrand liegt.

Was auch richtig gut ist, am Anfang war es natürlich mehr, wenn irgendwelche Fragen aufgetaucht sind, konnte ich immer bei Seitles anrufen und einen hundefachlichen Rat bekommen, wie ich mich in der ein oder anderen Situation verhalten soll, was für die Anfangszeit ein sehr hilfreiches Angebot ist und auch ja jetzt noch immer als Angebot zur Verfügung steht. Das gibt ein großes Gefühl der Sicherheit.

Ich bin mit der Betreuung durch die Familie Seitle mehr als sehr zufrieden und noch größer ist mein Glück mit Lex, der perfekt für mich ausgesucht wurde. Wir sind jetzt bald ein Jahr ein Gespann und der erste Winter mit ihm, die lange Phase der Dunkelheit – wird durch seine Führkompetenz enorm erleichtert. Er vermittelt mir das Gefühl, dass es für mich keine Hindernisse mehr gibt, den Lex erkennt diese und führt mich sicher daran vorbei. Auch an Pfützen, die Zeit der nassen Schuhe und Füße ist vorbei! Aber vor allem die Zeit der Unsicherheit ist vorbei. Es ist ein Geschenk, einen solchen Hund zu haben!

 

U… mit Lex aus dem südlichen Schwarzwald